Alltag an der KSWE

Spaziert doch einmal um 1o.35 Uhr Morgens von der Spinnerei zum Hauptgebäude, oder umgekehrt. Ihr werdet auf viele sympathische und gestörte Gestalten treffen, welche hauptsächlich mit einem Thema beschäftigt sind: Allen mitzuteilen, wie schlecht ihre letzte Prüfung gelaufen ist und das sie sicher eine schlechte Note erhalten werden. Meistens ist diese bei diesen Personen dann im Endeffekt trotzdem über 5. Nun ich habe anderes im Kopf, ich habe zum Beispiel oft das Problem, dass ich keine Reinigungstüchlein mehr für den nächsten Stuhl besitze oder keine Zigaretten mehr habe, um meine Wut zu besänftigen.

Am meisten fürchte ich mich vor dem Schweiss und Fett genau dieser Schüler, welche immer Angst um ihre Noten haben, da diese in ihrer Paranoia besonders viel Ekel erregende Stoffe produzieren, was man im Mathematikzimmer von Herrn Trümpler auch riechen kann. Dort haben sie wahrscheinlich am meisten Angst eine schlechte Note zu schreiben...J

Wenn man immer Angst vor dem Scheitern hat, ist man schon längst gescheitert. Es ist keine Schande eine schlechte Note an der Kantonsschule zu schreiben, denn wie viele sind schon an der Kanti von den Gleichaltrigen in diesem Land? Nicht viele. Natürlich sollte man einen gewissen Schnitt erreichen, aber die Depressionen, welche eine 4.5 bei gewissen Schülern schon auslösen kann, erinnert mich symbolisch an Folgende Situation: Ein Fetter Mann steht mit einem riesigen Sandwich in der Wüste. Er blickt zu dem abgemagerten Kind, welches seit Monaten nichts gegessen hat und klagt: „Weisst du, liebes Kind, ich bin so arm, mein Sandwich enthält keine Tomaten, gestern hatte ich auch Tomaten, schnüff.“

Deshalb lasst uns doch den Alltag an der Kswe etwas verändern. Unser Image bei nicht-Kantischülern ist auch nicht gerade hoch. Einst fragte mich ein Kollege, ob das möglich sei, dass Schüler von der Kanti Wettingen einst zur Elite unseres Landes gehören werden, wenn man bedenkt, wie ängstlich und desorientiert sie zum Teil durch die Gegend schlendern. Ich antwortete mit JA natürlich sie sind ja nicht dumm, nur etwas benachteiligt in praktischer Erfahrung, aber die kommt schon noch.

Nun ich wollte niemanden beleidigen, aber nach so vielen Jahren an dieser Schule durfte ich auch einmal meinen Senf dazugeben, nehmt mich aber nicht zu ernst, denn auch ich bin leicht eingeschüchtert und ängstlich, vor allem dann, wenn Frau Merker mir etwas Wasser aus ihrer Flasche anbietet oder diese Trinksituation in Erwägung zieht. Das hat sie aber glücklicherweise noch nie gemacht, unser Ekel basiert wahrscheinlich auf Gegenseitigkeit, denn Sie will ihre Flasche auch nicht teilen. Zum Glück gibt es genügend Wasser in der Schweiz, denn mit dem fetten Mann in der Wüste würde ich auch nicht meine Flasche teilen wollen. J


Thomas

8 Kommentare:

Ich muss gestehen, dieser Blogeintrag hat mich ziemlich erheitert :)
Übrigens gibt es in der Drogerie neu solche Desinfektionstüchlein (als Werbung dient ein Mann der neben einem Baum niederknieend pinkelt, als würde ein Mann in der Natur sich "setzen").
Was die Prinzessin-auf-den-Erbsen-Verfassung der Kantischüler (mich einschliessend) angeht, muss ich dir recht geben. Wir sind demnach selbst schuld, das die Messlate stets ein Stück höher steht..

Ich weiss nicht, warum du immer auf unseren schlechten praktischen Erfahrungen herumhackst. So schlimm steht es um die gar nicht. Am Sonafe hat ja wohl noch jede Klasse eine Bar hingekriegt und manche sogar richtige Kunstwerke.
Ich kann prima Nägel einschlagen, Steckdosen reparieren, Lampen an meine Zimmerdecke montieren und den Parkettboden habe ich mit meinem Bruder zusammen auch selbst verlegt.
ich getraue mich einfach, es zu versuchen und gebe nicht gleich auf, wenn mir etwas nicht auf Anhieb gelingt. Und das ich ein Mädchen bin, war für mich nie eine Ausrede. Genausowenig wie die Tatsache, dass ich in die Kanti gehe.

ich finde es toll, welch humor thomas aufbringt und sich selbst karikiert

well done bad boy thomas ;)

Was die praktische Erfahrung anbelangt, muss ich Thomas recht geben. Es geht hierbei nicht allein um handwerkliches Geschick, sondern auch um Erfahrungen, die man sonst benötigt, um sich im Leben zurecht zu finden. Beispielsweise Steuererklärungen ausfüllen, (Ich weiss es gibt Easy-Tax, aber für wen wurde das wohl erfunden??) Verträge auf ihre Tauglichkeit prüfen, morgens um 6 in einer S12 voll Bauarbeitern nach Zürich fahren, ohne dass es einem gleich den Magen umdreht... Wir KantischülerInnen können uns schon in einer behüteten Welt und einem geschützten Rahmen geborgen wissen, auch wenn wir fähig sind Nägel einzuschlagen.

Für viele Leute findet das Leben einfach an einem anderen Ort statt als für uns.
Oder meint ihr nicht?

Michi

Da kann ich nur beipflichten (ich kann die Steuererklärung nicht mal MIT EasyTax ausfüllen...). Doch irgendwie mag ich sie auch, die behütete Welt. Hali

Geht das nach der Kanti nicht so weiter an der Uni?
Das war meine Frage an mich selbst, die mich immer wieder beschäftigte und schliesslich (nein nicht schlussendlich:P) der Grund war, weshalb ich mich (vorerst!) gegen ein Studium entschied. Ihr könnts mir dann ja sagen:) Und ich kann mir vorstellen, dass ich mich auch schnell mal wieder auf die hundert Matrazen über der Erbse wünschen werde (und vielleicht auch hinaufklettern werde).
Anna

Hmm, also wenn ich mir so überlege, wie wir uns nach der Kanti alle schön gebündelt in Studienrichtungen beginnen zu spezialisieren, dann stelle ich mir die Uni etwas so vor wie der Entenhag bei uns im Garten.
Also das Arbeitsleben ist die Wildnis, die Kanti war dementsprechend ein Zoo. So einer wie in Zürich mit einer Masoalahalle und versteckten Futterplätzen. Und die Uni unser Entenhag. Da kommen immer Spazen die das Entenfutter aufpicken (Studenten) und die einzige Gefahr ist unsere Katze die ab und zu mal reinschaut (die Prüfungen). Aber wenn sie satt sind fliegen die Spazen durch die Gittermaschen und rein in die Wildnis. (Nebenjob). Schön beschaulich so ein Leben finde ich, und dank der Nebenjobs wohl immer noch abenteuerlich genug. Aber zu den Enten und den Entenfütterern, die für ihr leben an den Käfig gebunden sind, möchte ich dann schon lieber nicht gehören.
ML

Haha, der mit den lebenslangen Enten und Entenfütterern ist gut!
A

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